Globus-Serie, Teil 1: Im Rahmen dieser Serie stellen wir in den kommenden Tagen und Wochen die fünf…
Schon lange vor Bewerbungsschluss hatte Simone Beule ihre Unterlagen für den Globus Award in ihrem E-Mail-Postfach liegen. „Immer wieder wollte ich sie losschicken. Dann dachte ich: Nein, das ist zu banal, damit kannst du dich doch nicht bewerben. Irgendwann habe ich dann einfach auf senden gedrückt.“ Gut so, denn die Idee der Inhaberin von „34° Sonnenschein – Dein Reisebüro in Meschede“ kam bei der diesjährigen Globus-Award-Jury so gut an, dass die Reiseexpertin mit 44 von möglichen 50 Punkten auf dem ersten Platz landete.
Dass sie einmal mit ihren Tiktok-Videos erfolgreich sein würde, daran hätte Simone Beule vor der Insolvenz von FTI nicht im Traum gedacht. Von 2010 bis 2022 war sie als mobile Reiseverkäuferin unterwegs und setzte sich in dieser Zeit „natürlich“ auch mit den Sozialen Medien auseinander. Aber eher nebenbei. „Ich habe zunächst nur auf Facebook gepostet. Instagram habe ich, warum auch immer, ziemlich vernachlässigt. Irgendwann habe ich dann zum Spaß mit Tiktok angefangen.“
34° Sonnenschein – Dein Reisebüro eröffnete 2023
Als sie ihr eigenes stationäres Reisebüro 2023 mitten in der Innenstadt im rund 30.000 Einwohner zählenden Meschede im Sauerland eröffnete, änderte sich daran nichts. Noch immer hatte die Reiseexpertin eher wenig mit den Sozialen Medien am Hut. Doch das sollte sich am 3. Juni 2024 grundlegend ändern.
Die Insolvenz des Münchner Veranstalters FTI wirbelte auch das Leben von Simone Beule kräftig durcheinander, die an diesem Montag mit einer Tasse Kaffee auf ihrem Balkon saß und ihre E-Mails abrief. „Als ich las, dass FTI technische Probleme hat, da habe ich mir schon gedacht, dass da etwas nicht stimmt.“ Ihr Bauchgefühl trog nicht. Nur wenig später folgte die Nachricht, dass der Veranstalter Insolvenz angemeldet habe.
Simone Beule war 15 Jahre lang Reiseleiterin in der DomRep
Simone Beule griff zum Handy, nicht etwa um Kunden oder Freunde anzurufen. Sie startete ihre Kamera und drehte ein Video – das erste mit ihr in der Hauptrolle.
Ein Konzept gab es nicht, ebenso wenig ein Drehbuch oder ein vorgeschriebenes Skript. Leute zu unterhalten, sei für sie noch nie ein Problem gewesen. „Ich war 15 Jahre lang Reiseleiterin in der Dominikanischen
Republik, da muss man reden können“, sagt sie.
„Also plauderte ich am 3. Juni einfach drauf los und erklärte, was ich bis dato wusste. Ich gab einfach alle Infos weiter, die ich bis zu dem Zeitpunkt hatte“, sagt sie. Ihr sei klar gewesen, dass die Pleite bei Urlaubern viele Fragen hervorgerufen hatte und dass die Verunsicherung groß sein musste. „Da wollte ich helfen, vor allem auch, weil ich 15 Jahre lang Reiseleiterin für FTI war. Das war mir eine Herzensangelegenheit.“
Erstes Tiktok-Video wurde mehr als 40.000 Mal angeschaut
Das Video und Simone Beules unaufgeregte, sachliche Art kamen an: „Danke, endlich mal jemand vom Fach. Sorry, das musste jetzt einfach raus. Was auf Tiktok von Influencern verbreitet wird, kann man sich nicht antun“. „Vielen Dank, endlich spricht einer mit uns“, lauteten zwei von zahlreichen Kommentaren. Mehr als 40.000 Mal wurde das erste Tiktok-Video zur FTI-Pleite angeschaut. „Da wusste ich, dass ich einen Nerv getroffen hatte“, berichtet Beule. Innerhalb weniger Tage stieg die Zahl der Follower von knapp 300 auf mehr als 8.400.
Für die Reiseverkäuferin bedeutete die große Resonanz auch, dass sie am Ball bleiben musste. In den folgenden Tagen hielt sie die Follower mit kleinen, kurzen Videos zum aktuellen Sachstand, sprich abgesagten Reisen, Stornomöglichkeiten und der Arbeit des Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF) auf dem Laufenden.
Auch während ihres Urlaubs auf der Aida postete sie regelmäßig Updates und ging sogar live, was sie große Überwindung gekostet habe. „Man sitzt da und wartet, bis der erste Zuschauer kommt und dann muss man anfangen zu reden“, erzählt Simone Beule. „Das fühlt sich irgendwie komisch an, da man ja irgendwie ein Selbstgespräch führt.“ Doch je mehr Leute sich zuschalteten, desto sicherer wurde die Reiseexpertin. „Dann kommen Kommentare und Reaktionen und dann läuft es“, berichtet sie.
Zahlreiche Buchungen über Tiktok
War anfangs die Insolvenz von FTI das bestimmende Thema, so postet die Reisebüro-Inhaberin mittlerweile auch Angebote, beispielsweise zum Black Friday und zur Cyber Week, „je nachdem, wann ich Zeit habe und ob sich ein Thema anbietet“. Und auch diese Tiktoks kommen an. „Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Buchungen, und gar nicht mal so wenige, über diesen Kanal generieren würde. Das ist wirklich verrückt.“
Die Jurorinnen lobten den Einsatz der 53-Jährigen in den höchsten Tönen. Simone Beule habe mit „sehr viel Herzblut“ geholfen. Die One-Woman-Show sei beeindruckend. Sie zeige, wie gute Krisen-PR funktioniere.
Die Globus Awards wurden während der Globus Night am 30. Januar in Frankfurt am Main verliehen. Fotos von der Preisverleihung, an der rund 250 Touristiker teilnahmen, finden Sie in einer Bildergalerie. Eine Übersicht über alle erfolgreichen Reisebüro-Inhaber finden Sie in der Globus-Award-Rubrik.