Schlussabrechnung: Weiterhin große Unsicherheit

Die Schlussabrechnung für die Coronahilfen schwebt weiterhin wie ein Damoklesschwert über… 

Die Schlussabrechnung für die Coronahilfen schwebt weiterhin wie ein Damoklesschwert über zahlreichen Unternehmen der Touristikbranche. Die Verunsicherung ist groß und wird laut Dennis Hillemann weiter andauern. Im Zuge eines Webinars des DRV erläuterte der Fachanwalt für Verwaltungsrecht kürzlich seine Erfahrungen mit den Bewilligungsstellen, gab Tipps und übte unter anderem harsche Kritik an der langen Bearbeitungsdauer und nachträglichen Änderungen. 

Hillemann zufolge ist bis dato nur ein geringer Teil der Anträge bearbeitet. „Viele Steuerberater, die vor zwei Jahren die Schlussabrechnung eingereicht 
haben, haben bislang noch immer keine Rückmeldung erhalten“, sagte er. Laut Gesetz haben die Bewilligungsstellen Zeit bis 2027. Das sei problematisch, da die Planungssicherheit fehle. Wer sein Unternehmen veräußern möchte, müsse warten. Schließlich könne es zu Rückforderungen kommen.

Als Grund für die langen Wartezeiten nennt der Prozessrechtler das umfangreiche Prüfverfahren. „Die Bewilligungsstellen sind der Ansicht, dass der Vorbehalt der Schlussabrechnungen bei den Corona-Überbrückungshilfen als Totalvorbehalt zu werten ist.“ Das habe zur Folge, dass nun alles noch einmal händisch geprüft werde, selbst ob der Antragsteller antragsberechtigt sei.

Viele Rechtsfragen wurden verschoben

Im Zuge dieser Prüfungen, die zum Teil von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Beratungsunternehmen wie KPMG durchgeführt werden, werden nun auch die neuesten Vorgaben des Bundeswirtschaftsministeriums umgesetzt, was Hillemann und seine Kollegen für rechtswidrig erachten. „Im Antragsverfahren wurden viele Rechtsfragen in die Schlussabrechnung verlagert“, erläuterte der Experte. Im Laufe der Jahre 2021 bis 2024 hätten die Bewilligungsstellen mit dem Ministerium abgestimmt, wie bestimmte Rechtsfragen zu bewerten seien. „Auf einmal werden Rechtsansichten vertreten, mit denen weder Sie noch Ihr Steuerberater rechnen konnten“, adressierte er an die zahlreichen Webinar-Teilnehmer.

Der Fokus der Bewilligungsstellen liegt vor allem auf dem Thema Unternehmensverbund. „Wir sehen bundesweit eine sehr harte Praxis der Bewilligungsstellen, vor allem zulasten von Familien“, sagte Hillemann und verwies darauf, dass sich etwa 50 Prozent aller Widersprüche und Klagen in seiner Kanzlei auf diese Thematik beziehen.

Großes Thema: Unternehmensverbund

Als Beispiel führte Hillemann einen fiktiven Fall zweier Geschwister an. Ein Bruder habe einen Veranstalter in Hannover, seine Schwester einen in München. Beide seien Konkurrenten und dennoch werde ein Unternehmensverbund angenommen. „Das Thema wird uns die nächsten Jahre beschäftigen und vermutlich hoch bis zum Bundesverfassungsgericht gehen.“

Hillemann riet den Teilnehmern, zu handeln, wenn das Thema Unternehmensverbund zur Sprache komme. Es nütze nicht, dieses zu ignorieren. Vielmehr sei es essenziell, Angaben zu machen – je ausführlicher, desto besser. „Sie können nicht davon ausgehen, dass der Bearbeitende Ihre Branche oder Ihr Unternehmen kennt.“

Wer mit seinem Bescheid nicht einverstanden ist, dem bleibt nichts anderes übrig, als Widerspruch einzulegen oder zu klagen. In einigen Bundesländern wie Hessen und Bayern gibt es laut Hillemann keine Möglichkeit mehr zum Widerspruch. Dort müssen Betroffene sofort den Klageweg beschreiten. Positiv sei, dass ein Widerspruch und 
eine Klage aufschiebende Wirkung haben, sagte der Fachanwalt. Das bedeute, dass eine Rückforderung vorerst nicht beglichen werden müsse.

Hillemann hat ein Überbrückungshilfe-Netzwerk ins Leben gerufen. Dieses zählt mittlerweile mehr als 2.000 Mitglieder.